Rezension von:
Prof. Dr. Hartmut Fueß, Frankfurt am Main
Ehrendoktor an der Uni Vilnius, Litauen – der ältesten osteuropäischen Universität
Nach dem Stempelhandbuch des Postgebietes Oberbefehlshaber Ost legt Gerhard Dreher mit dem bereits angekündigten Band 2 eine umfangreiche Erweiterung der Postgeschichte dieses Militärstaates vor. Die ausgezeichnete Qualität und große Sorgfalt der Darstellung und Ausführung überzeugen wie bereits in Band 1.
Das Gebiet umfasste von Ende 1915 bis Anfang 1918 Litauen, Teile Lettlands, Weißrusslands und Polens, 1918 kamen weitere Gebiete des Baltikums hinzu. Nach dem Zerfall der großen Imperien (Deutsches Reich, Kaiserreich Österreich, Zarenreich Russland, Osmanisches Reich) dauerten die Kämpfe der Nachfolgestaaten, die damit ihre Grenzen definierten, noch einige Jahre an.
Im vorliegenden Werk von Dreher besticht die Verbindung der Postgeschichte mit der Kriegsgeschichte, die durch prägnante Darstellung der handelnden Personen und durch Karten der Schauplätze dokumentiert wird. Die postalischen Belege stellen somit Mosaiksteine dar, die den Zerfall der alten Ordnung und das Staatswerden der neuen Nationen veranschaulichen.
Einer kurzen Ergänzung zu Band 1 folgt eine umfangreiche Abhandlung der Zensurstempel aller Überwachungsstellen der Post in und um Ober Ost in bisher nicht gekannter Ausführlichkeit. Dabei wird die Verwendungsdauer der Typen und deren Einsatz für unterschiedliche Postsendungen beschrieben.
Der Postaustausch zwischen Ober Ost und Russland wird für die verschiedenen Perioden des Waffenstillstandes und des Friedensabkommens von Brest-Litowsk kontinuierlich unter Heranziehen vieler Quellen eingeordnet.
Ein eigenes Kapitel behandelt den postalischen Austausch mit deutschen Armeeverbänden, die außerhalb der etablierten Gebiete operierten, wie die 10. Armee oder die Armee-Abteilungen in der Ukraine und auf der Krim (Titelseite).
Nach der Briefvermittlungsstelle Bialystok und dem Postverkehr der „Amtlichen Handelsstellen deutscher Handelskammern“ werden mit Sendungen von Rückwanderern, der Post von Kriegsgefangenen und von Zwangs- und Zivilarbeitern Einblicke in die Lebenswirklichkeit der Bevölkerung abseits der großen Politik gegeben.
Der Autor arbeitet dabei die Unterschiede zwischen den Gruppen der Internierten heraus und listet die Lager im Postgebiet und im Reich auf. Rückwanderer waren Volksdeutsche, die während des Krieges nach Russland verschlagen wurden, Kriegsgefangene sind russische Soldaten unterschiedlicher Nationalität in deutschen Lagern.
Neben eindrucksvollen Belegen kommen auch Zahlangaben zu Wort, die ermessen lassen, dass Menschenleben damals einen geringen Wert hatten. Die Tarife für jede erlaubte Sendungsart werden ebenso vorgestellt wie die genehmigten Perioden und die zugelassenen Sprachen. Zudem wird das derzeitige Marktgeschehen durch aktuelle Preisangaben berücksichtigt.
Für die philatelistische Literatur setzt das Werk Maßstäbe durch die Verknüpfung von Zeitzeugnissen mit der Geschichte des 1. Weltkriegs in Ostmitteleuropa.
Der zweite Band ergänzt idealerweise den ersten Band und rundet ihn ab. Beide Bände umfassen also das gesamte Sammelgebiet Postgebiet Ob. Ost und gehören damit zusammen.
Format (innen) DIN A 4, 268 Seiten, über 315 Abb. überwiegend in Farbe, 135 g Bilderdruck matt, Hardcover mit Fadenheftung. Direktvertrieb des Autors 2020, VP: 48 Euro (zzgl. 5 Euro bzw. 8 €uro f. Päckchen- oder Paketporto, Inland; Ausland auf Anfrage). Bezug: Gerhard Dreher, Ober-Savo-Ring 1, 21522 Hohnstorf (Elbe), E-Mail: diedreher@t-online.de. Tel. +49 (0) 4139/699 544.